Scheibenbremse

Aus Radreise-Wiki
Scheibenbremse am Hinterrad(*)

Scheibenbremsen sind Bremsen deren Bremsfläche eine Scheibe an der Nabe ist. Aus dem Automobil- und Motorradbereich kommend hat sich die Scheibenbremse auch im Fahrradsektor zunehmend verbreitet.

(*)Bildbeschreibung: Die Scheibenbremse wird hier durch Gepäckträger, Ständer, Schnellspanner sowie die externe Schaltansteuerung der Rohloffnabe vor Beschädigung geschützt.

Unterscheidungen

Derzeit wird zwischen folgenden Arten der Scheibenbremse unterschieden:

  • mechanische
Der Zug erfolgt wie bei Cantileverbremsen über einen Bowdenzug. Bekannte Hersteller sind Promax (Baumarktqualität), Avid, Hayes, Shimano und Tektro (mittleres bis höheres Preissegment )
  • hydraulische
Hier erfolgt die Kraftübertragung über eine Bremsflüssigkeit vom Geber (Bremshebel) zum Bremssattel. Als Bremsflüssigkeit kommen Mineralöle (Shimano, Magura) oder die aus dem KFZ-Breich bekannte Bremsflüssigkeit DOT (4 & 5, ätzend!, Hersteller: Grimeca, Hayes, Formula etc.) zum Einsatz
  • semihydraulische
Die Ansteuerung erfolgt über Bowdenzüge bis zum Bremssattel oder einem in Vorbaunähe befestigten Konverter. Dort wird der Geber betätigt und die Kraft hydraulisch weitergeleitet. Beispiele sind TRP HY/RD für die Bowdenzugführung bis zum Bremssattel und Trickstuff Doppelmoppel für die Konverterlösung. Durchsetzen konnten sich diese Bremsen nicht so recht, da sie zum einen ähnlich teuer wie hydraulische Bremsen sind, aber die Nachteile der mechanischen Bremsen innehaben.

Für und Wider der Scheibenbremstechnik

Das Für und Wider der Scheibenbremstechnik ergibt sich vor allem aus dem Vergleich zur meistgenutzten Alternative, der Felgenbremse.

Vorteile

  • stets optimale Bremsleistung: Auch bei Nässe, Schnee und Vereisung gibt es keine Beeinträchtigung der Bremsleistung wie das bei Felgenbremsen der Fall ist.
  • Keine Felgenerhitzung: Schäden durch überhitzte Felgen beim Bremsen werden durch Scheibenbremsen vermieden. Dies ist besonders vorteilhaft bei kleinem Laufraddurchmesser wie z.B. an Liegerädern.(Achtung:Die Scheiben können aber extrem heiß werden, nicht anfassen)
  • Kein Felgenabrieb: Im Gegensatz zur Felgenbremse, werden bei der Scheibenbremse die Felgen als tragendes Element nicht mehr als Abriebpartner der Bremsen benutzt. Durchgebremste Felgen gibt es damit bei Scheibenbremsen nicht.
  • Geringere Handkräfte: Um die selbe Bremswirkung zu erzielen sind bei der Scheibenbremse geringere Handkräfte als bei einer Felgenbremse nötig.
  • Ein Seitenschlag der Felge (Achter) beeinträchtigt das Bremsverhalten der Scheibenbremse nicht.
  • Man kann mit sehr breiten Felgen fahren, was bei den aktuell sehr beliebten sehr breiten Reifen auch Sinn macht (s. Thema Bereifung). Das neue Format 650B plus (70-80mm) macht eigentlich nur mit Felgenbreite >25mm Sinn - dann geht Felgenbremse einfach nicht mehr.
  • Man kann sich Laufradsätze mit verschiedenen Felgengrößen (Durchmesser UND Breite!) einbauen (je nach gewünschten Fahreigenschaften).
  • Eine hydraulische Scheibenbremse mit angemessenem Scheibendurchmesser produziert bei gleicher Handkraft am Hebel eine erheblich stärkere Verzögerungswirkung als Felgenbremsen.
  • Die bei Seilzugbremsen übliche Elastizität des Systems entfällt bei hydraulischen Bremsen, ibs bei hydraulischen Scheibenbremsen, keinerlei Reibungsverluste hindern die Übertragung. Ergebnis ist ein doch prinzipiell anderes Griffgefühl.

Nachteile

  • Preis: Scheibenbremsen sind im allgemeinen teurer als Felgenbremsen.
  • Gewicht: Scheibenbremsen sind im allgemeinen schwerer als einfache Seilzug-Felgenbremsen. (aber teilweise sogar leichter als hydraulische Felgenbremsen, bei diesem Vergleich kein Nachteil)
  • Komplexität und Reparaturfreundlichkeit: Bei den hydraulischen Scheibenbremsen wird bei Hydraulikschäden eine Reparatur nötig, die nur mit einem Servicekit des Herstellers (Spezialteile, Hydraulikflüssigkeit) möglich ist. (dies gilt ebenso für hydraulische Felgenbremsen, aber nicht für mechanische Scheibenbremsen)
  • Geräusche: Scheibenbremsen mit Schwimmsattel schleifen leicht während der Fahrt. Andere Scheibenbremsen können nach dem Bremssohlenwechsel schleifen. Für einen schleiffreien Lauf sind in jedem Fall sorgfältige Montage und absolut maßhaltige Zangenaufnahmen unverzichtbar.
  • Belastung auf Speichen: Scheibenbremsen verursachen durch den ungünstigeren Kraftverlauf eine größere Speichenbelastung als Felgenbremsen.
  • exponierte Position: Durch die exponierte Position, vor allem an einer unbepackten Gabel, kann die Bremsscheibe beim Umfallen des Rades oder bei Transporten (Flugzeug, LKW, Busdach) verbogen werden und sollte besser vorher demontiert werden. Für Reisen abseits der Zivilisation empfiehlt sich eine Ersatzbremsscheibe im Gepäck.

Auswahl der passenden Bremse

Eine überlastete Scheibenbremse überhitzt und verliert dann die Bremskraft(Fading). Hauptmanipulationspunkt dafür ist die Bremsscheibengröße. Je größer die Scheibe, desto länger kann man intensiv Dauerbremsen.

Je schwerer das Fahrzeug (Fahrer und Gepäck) und je häufiger man damit auf Dauerbremsen angewiesen ist (sehr steile, lange, nicht befestigte Wege), desto größer sollte die Bremsscheibe sein. Wer meist ohne Dauerbremsen auskommt wird keine Überhitzungsprobleme bekommen und hat freie Wahl.

Vom Hersteller vorgegebene eventuelle Gewichtsbeschränkungen sollten beachtet werden. Da die Bremskraft bei Scheibenbremsen durch die gesamte Gabel verläuft, sollte man immer auch deren Spezifikationen beachten. Insbesondere sollte man bei großen Scheibendurchmessern die Zulassung der Gabel dafür abklären. Nicht jede Gabel ist für große Bremsscheiben zugelassen, bei älteren Modellen sollten im Zweifelsfalle keine großen Bremsscheiben montiert werden.

Eine eindeutige Empfehlung bezüglich der Wahl der Bremse kann nicht gegeben werden, nachfolgend aber ein paar Informationen der am Markt erhältlichen Scheibenbremsen.

Hersteller

Avid

Avid stellt hydraulischen Scheibenbremsen für Mountainbikes und mechanische für Mountainbikes und Rennräder her Avid Homepage

Magura

Magura

Grimeca

Produziert 2-, 4- und 6-Kolbenbremsen. Etwas preisgünstiger als Magura. Leider hat Grimeca sehr mit Fertigungstoleranzen zu kämpfen. Der IS (internationale Befestigungsstandard) wird nicht immer eingehalten. So kommt es häufiger zum Schleifen des Bremssattels an den Speichen bei hochbauenden Nabenflanschen. Hier sollte die Befestigung vom Händler erfolgen bzw. eine gesicherte Aussage erfolgen, ob die Bremse zum Laufrad passt. Preise von 100 bis 250 €.

Hope, Hayes

Beide hochpreisig.

Shimano

Shimano bietet für Mountainbike, Trekking und Rennrad in fast allen Produktgruppen mechaniche und hydraulische Scheibenbremsen an. Legendär ist hier die alte XT-Bremse mit 4-Kolben, die zum Quietschen neigt. Durch Belagwechsel von sintermetall- auf organische Beläge ist dieses Problem in den Griff zu bekommen. Heute haben nur noch Zee und Saint vier Kolben.

Bremsbeläge

Die Bezeichnung der Shimano-Scheibenbremsbeläge sind wie folgt codiert:
1. Stelle = Belagsform
G = ohne Kühlrippen
F = mit Kühlrippen (alt)
J = mit Kühlrippen (neu)

2. + 3. Stelle = Material Bremsbelag
01 = Resin (alt)
02 = Resin (neu)
03 = Metall (alt)
04 = Metall (neu)

4. (+ 5.) Stelle = Material Trägerplatte
A = Aluminium
S = Stahl
C = Composite (?) Stahl/Alu
Ti = Titan

Sram

Sram hat hydraulische Scheibenbremsen für Trekking, Mountainbikes, Stadt- und Rennräder im Programm

Tektro

Von Tektro sind Hydraulisch sowie mechanische Scheibenbremsen erhältlich. Für Rennbremsgriffe gibt es das Modell Lyra.

Tipps

Wer sich neu ausrüsten und vorerst Felgenbremsen fährt, aber die Möglichkeit einer späteren Scheibenbremsmontage offen halten möchte, muss entsprechend ausgerüstete Naben, Rahmen und Gabel verwenden. Prinzipiell ist späteres Nachrüsten die teuerste Variante.

Bei der Nachrüstung von Scheibenbremsen ist darauf zu achten, dass Rahmen und Gabel die notwendigen Befestigungen bieten, die Nabe müssen mit Bremsscheibenaufnahmen ausgerüstet sein. Von Bastellösungen, besonders am Vorderrad, ist aus Sicherheitsgründen abzuraten. Weiterhin muss die Gabel ausreichend dimensioniert sein. Es gibt für manche Gabeln Beschränkungen bezüglich der maximalen Scheibengröße.

Da die Speichen an sich schon stärker bei Reiserädern belastet sind, sollte man DD-Speichen (wenn nicht sogar 3D-Speichen) benutzen.

Wer sich im Schadensfall bei einer Radreise die Möglichkeit offen halten möchte, die Scheibenbremse gegen eine eventuell vor Ort erhältliche Felgenbremse auszutauschen, der darf bei Rahmen und Gabel nicht auf die Anlötsockel für Felgenbremsen verzichten. Die Felgen müssen ebenfalls felgenbremstauglich sein. Besser ist i.d.R., unterwegs nur schwer beschaffbare Ersatzteile mitzuführen. Bei allen hydraulischen Systemen gilt, Leitungen ersetzen und entlüften sollte mit Bordmitteln möglich sein.

Die Schnellspanner sollten nicht aus Titan oder Alu sein, da diese den Kräften nicht gewachsen sein können. Probleme gibt es auch mit Kunststoffunterlagen am Schnellspanner, da diese bei starker Hitzeentwicklung aufweichen können und zum Lockern des Schnellspanners mit der Gefahr des Lösens des Laufrades führen (wenn möglich, Schnellspannerhebel auf der rechten Seite montieren, verhindert verbrannte Finger beim Lösen nach einer Abfahrt). Besser ist, auf Schnellverschlüsse ganz zu verzichten. Vorteile bieten sie allenfalls im Renneinsatz.

Weitere Tipps in Kurzform:

  • Vorteile der mit Bremsflüssigkeit betriebenen Bremsen ist die Möglichkeit, an Tankstellen Bremsflüssigkeit nachzukaufen. Bremsen mit Mineralölen (Magura & Shimano) dürfen unter keinen Umständen mit DOT betrieben werden, analog gilt das für DOT-Bremsen. Mineralöle haben dagegen den Vorteil, das sie nicht altern, weshalb weniger Wartung nötig ist.
  • Öle und Fette dürfen nicht auf die Scheibe kommen. Folge davon ist Bremskraftverlust (bis zum Totalausfall). Kleinere Verunreinigungen beeinträchtigen die Bremse nur gering und verlieren sich im Laufe der Zeit. Sollte der Bremskraftverlust größer sein, kann man die Scheiben mit Bremsenreiniger, Industriealkohol, Spiritus oder Seifenlauge reinigen. Verölte Beläge lassen sich mit Spiritus ausbrennen (hinterher leicht anschleifen). Die Hersteller empfehlen den Austausch. Wichtig: vor Arbeiten am Hydrauliksystem unbedingt die Bremssohlen ausbauen!
  • Bremsgriffe nicht »anknallen«, sondern nur handfest anziehen. So können sich diese beim Sturz verdrehen, bevor sie brechen.
  • Unbedingt den Schraubensicherungslack verwenden, damit sich nichts lockert.
  • Einbremsen der neuen Beläge nicht vergessen – oder in der ersten Zeit nach Sohlen- oder Scheibenwechsel die geringere Bremswirkung berücksichtigen. Im Stadtverkehr oder auf Bergstrecken ergibt sich das Einbremsen in kurzer Zeit von selbst.
  • Bei Transporten des Fahrrades in Flugzeugen oder LKW kann die Scheibe bei schlechter Lagerung oder Verladung verbogen werden, so das eine vorherige Demontage der Scheibe sinnvoll sein kann.

Scheibenbremsen am Reiserad?

Ob man (und welche) Scheibenbremse man an das Reiserad montieren sollte oder nicht, hängt vor allem davon ab, ob man auf seinen Reisen besonders die Scheibenbremsvorteile sinnvoll nutzen kann, oder ob sie eher selten schlagend werden. Gleiches gilt für die Nachteile.

Speziell bei den Reiseradlern gibt es eine große Gruppe, die Rennlenker bevorzugt. Mit wenigen Ausnahmen können dabei nur Scheibenbremsen mit Seilzug benutzt werden. Im Allgemeinen sind letztere jedoch außer bei Billigrädern die absolute Minderheit. Von diesen (hier teils deutlich relevanten) Ausnahmen abgesehen, bedeutet Scheibenbremse = Hydraulik.

Wer überwiegend bei Schönwetter auf Asphaltstraßen mit großen Laufrädern unterwegs ist, für den bieten Scheibenbremsen nur in seltenen Fällen Vorteile.

Wer Radreisen im Alpencrossstil macht (Scheibenbremsen werden inzwischen vom weit überwiegenden Teil der Radreisenden im MTB-Alpencrossstil benutzt) und auf präzises Bremsen und Vermeidung von Felgenverschleiß z.B.auf steilen Pisten mit Pfützen, Schneefeldern und Bachdurchfahrten angewiesen ist, der ist mit Scheibenbremsen gut bedient. Wer sehr kleine Laufräder, wie z. B. am Liegerad üblich, verwendet, ist in bergigem Gebiet auch gut mit Scheibenbremsen bedient.

Wer Fernreisen in abgelegene Gebiete unternimmt, muss sich Gedanken um die Reparaturfrage machen. Diese lässt sich mit Seilzug-Scheibenbremsen auf ein Niveau von ebensolchen Felgenbremsen bringen.

Abweichende Meinung:

Empfehlung: eine längere Strecke mit hydraulischen Scheibenbremsen mit angemessenem Scheibendurchmesser, also nicht unter 180 mm, runterfahren, mind. 500 nicht zu flache Höhenmeter auf Asphalt und mit voller Beladung. Dann vergleichen. Für jeden Bremsvorgang hat man relativ weniger Kraft aufwenden müssen als bei einer Felgenbremse. Je höher das Gesamtgewicht und je steiler die Abfahrt war, desto drastischer tritt dieser Effekt zu Tage.

Auch im Alltag und auf flachem Terrain kann einen das Griffgefühl so begeistern, daß man keine Seilzugbremsen mehr haben möchte. Geschmacksache.

Kürzen der Bremsleitung bei Shimano

Gilt für XT, SLX, SAINT Jahrgang 2015. Es wird hier exemplarisch beschrieben, wie das bei diesen Bremsen handzuhaben ist, es ist davon auszugehen, daß das so oder mit unwesentlichen Änderungen auf- und abwärtskompatibel und entsprechend auch bei Magura und Tektro anwendbar ist.

Nach dem Erwerb neuer Scheibenbremsen wird man sicherlich die Leitungen kürzen müssen. Es ist das als Versuch zu betrachten, der bei sorgsamer Durchführung ein anschließendes Entlüften (s.u.) unnötig sein lässt, die Chancen stehen etwa 10:1.

Zunächst müssen die Bremsen und Scheiben komplett montiert und getestet worden sein, am besten ist auch die heute nicht mehr so lange Einbremszeit schon absolviert. Anschließend wird die einzusparenden Leitungslänge ermittelt, hier ggf zukünftig evtl. mögliche Veränderungen bei Lenker und Vorbau berücksichtigen, ebenso Funktion bei ganz re und li eingeschlagenem Lenker. Dennoch hilft zu viel Großzügigkeit nicht weiter, was zu lang ist, muss weg.

In der Werkstatt wird das Rad fixiert und der Bremsgriff so gedreht, daß der längliche Überlaufbehälter (da, wo zB SLX draufsteht) nach oben (!) zeigt, dh daß die dort heraustretende Leitung aufwärts gerichtet ist, sodaß sich im Bremshebel befindliches Öl nach Entfernen der Leitung nicht herauslaufen kann. Ggf den Lenker schräg stellen, den Lenker selber verdrehen oÄ. Unter Umständen kann es hilfreich sein, die Bremse ganz abzubauen und den Griff in den Schraubstock zu spannen, ggf an einem anderen Lenker montiert. Die Bremszange und Scheibe sollten sich nicht gerade unterhalb des Hebels befinden wegen der Tropfgefahr.

>>> Während des gesamten Vorgangs niemals den Bremshebel betätigen! Dafür Sorge tragen, daß das auch keine anderen Personen machen

>>> peinlichst darauf achten, daß Beläge und Scheibe niemals auch nur minimalen Kontakt mit Öl oder Fett (Finger!) haben

Bereitlegen von:

  • Kombizange für die zwei mitgelieferten gelben Leitungshalterbacken
  • wirklich scharfes Messer
  • 8er Gabelschlüssel
  • mitgelieferte Olive (das goldene kugelige Ringlein) und den Insert Pin (den silbernen Ministopfen)
  • das Fläschchen Shimanoöl aus dem Entlüftungsset oder Magura- oder Tektro Hydrauliköl. Formula Cura Öl oder gar DOT Bremsflüssigkeit sind ungeeignet. (Wer hat, kann auch Citroen LHM Hydrauliköl verwenden)
  • die Spritze aus dem Entlüftungsset oder eine kleine Einmalspritze
  • einen Lappen

Abstreifen der Gummiküberwurfmanschette vom Leitungseingang am Griff, Aufziehen einer geringen Menge Öls in die Spritze. Lösen der 8mm Sechskantmutter am Bremsgriff, diese weit auf die Leitung runterziehend. Kräftiges Ziehen der Leitung aus dem Griff mit Vorsicht, diese beim Lösen nicht allzusehr zu verschütteln. Hierbei ist es wichtig, daß das verbleibende Öl im Griff keine Chance hat, der Erdanziehung Folge zu leisten. Jetzt klemmt man mit der Zange die Leitung in die zwei gelben Backen und schneidet sie direkt bündig mit der anderen Hand und dem Messer ab, ohne Fetzen stehen zu lassen. Das Umherschlenkern der jetzt gekürzten Leitung ist unbedingtestens zu vermeiden. Die neue Olive wird auf die Leitung gestreift und, nochmal im Zangengriff, der Pin vollständig eingedrückt, ggf mit Hilfe eines anderen Gegenstands leicht und bündig einschlagen. Der Zusammenbau sollte jetzt im Ölüberfuß stattfinden: im Griff muss sich viel Öl befinden: mit der Spritze auffüllen. Auch auf dem Leitungsstummel muss stehendes Öl erkennbar sein. Dann wird die Leitung in den Griff geschoben: dazu kräftig bis zum Anschlag drücken und halten. Mit der anderen Hand die vorhin weggestreifte 8mm Überwurfmutter wieder hochstreifen und mit ihr die Olive ebenfalls bis zum Anschlag reindrücken und dann zunächst vor Hand gerade fluchtend reinschrauben.

Beim anschließenden Festschrauben mit dem Schlüssel kräftig drehen, bis sich ein sehr deutlicher Widerstand ergibt, die neue Olive wird innen jetzt gezielt minimal deformiert und an die Umgebung angepasst. Dann alles trocken wischen und die Gummiüberwurfhülse draufschieben.

Alles penibel abwischen, auch den Boden und die Schuhsohlen.

Es bestehen gute Chancen, daß man hiermit ohne Entlüftung zurechtgekommen ist, das merkt man schon beim ersten Hebelziehen, aber auch beim Bremsgefühl, das sollte so knackig und effektiv sein wie zuvor. Manchmal wird man sich aber, vielleicht erst nach 50 km, dazu entschließen müssen, das verbleibende Miniluftbläschen eben doch zu akzeptieren und eben doch eine Entlüftung vorzunehmen.

Entlüften der Bremse bei Shimano

Grundsätzliches: Luft in der Leitung ruiniert die Kraftübertragung von Griff zu Zange, weil sie komprimierbar ist. Eine einmal korrekt entlüftete Bremse braucht dauerhaft nicht mehr entlüftet zu werden, Ölwechsel ist bei Mineralöl nicht nötig. Der ganze Vorgang besteht genau besehen nur darin, daß neues Öl durch das System gedrückt wird, womit etwaige Luftbläschen erfaßt und entfernt werden. Das in der Leitung befindliche Öl und das Spülöl sind dieselbe Substanz, die weder altert noch real getauscht werden muß. Einen zusätzlichen Vorrat braucht man nur aus Handhabungsgründen und zum Ersatz für die geringen Verluste, die dabei auftreten.

>>> Während des gesamten Vorgangs niemals den Bremshebel betätigen! Dafür Sorge tragen, daß das auch keine anderen Personen machen

>>> peinlichst darauf achten, daß Beläge und Scheibe niemals auch nur minimalen Kontakt mit Öl oder Fett (Finger!) haben

Benötigt wird zweckmäßigerweise

bestehend aus dem Ölfläschchen mit Tülle, Trichter, dem Stopfen und der Ablageschale für das Ganze, wenn es gefüllt sein wird, der leeren Spritze mit Schläuchlein und der schwarzen Sicherungsklemme

  • ein 7er Gabelschlüssel
  • ein 2,5er Inbus
  • Lappen

Den Bremshebel dieses mal so drehen, daß die Schraube des Ausgleichsbehälters relativ nach oben zeigt, dort den höchsten Punkt darstellend.

Laufrad ausbauen. Die Bremsbeläge vorsichtig bis zum Anschlag auseinanderdrücken ohne sie zu zerkratzen, dann die Beläge ausbauen. In die Spritze mit Schläuchlein, welches wegen nach Ölkontakts schlechter Haftung niemals von ihr abgezogen werden soll, zieht man einen Großteil des Ölinhalts auf. Wenn man den Kolben aus der Spritze entfernt, kann man das untere Ende des Schläuchleins mit dem Finger zuhalten und das Öl oben in die Spritze reingießen, dann den Kolben leicht reinstecken, das Ganze umdrehen und alle noch vorhandene Luft herausdrücken, auch die im Schläuchlein. Merke: es geht auch ohne, aber wenn nicht noch neue Luft durchs System gedrückt wird, kann sich auch keine drin verfangen.

Abheben der kleinen Gummihaube auf dem Einfüllstutzen auf der Bremszange neben dem Leitungseingang. Das Schläuchlein mit der gefüllten Spritze mit dem schwarzen Sicherungsklemmhalter auf den Stopfen aufdrücken (klick), der minimale Verlust von Öl ist dabei erwünscht. Die 7er Mutter um max eine Umdrehung öffnen. Die Spritze kann zwischenzeitlich einfach runterhängen.

Am Bremsgriff mit 2,5er Inbus die Abdeckschraube oben am Ausgleichsbehälter rausschrauben, darauf achten, daß die kleine O-Ring-Dichtung nicht in der Öffnung verbleibt, beides nicht verlieren.

Dort den Trichter ohne seinen Stopfen mit Mini-O-Ring reinschrauben.

An der Bremszange jetzt mit verhaltener Energie und ganz langsam den Inhalt der Spritze durch das System drücken, darauf achtend, daß sich weder das Schläuchlein irgendwie löst, noch der Trichter am Lenker überläuft.

Es muss nicht alles Öl durchgehen, Hauptsache, etwaige Luftbläschen wurden durchgespült.

Jetzt den Trichterauslauf verschließen, indem man den Stopfen mit Mini-O-Ring in den Trichterboden steckt, den Trichter herausschrauben, nicht dessen O-Ringchen verlieren oder drin stecken lassen und ihn in die mitgelieferte kleine Schale auf dem Tisch stellen.

Anschließend alles spiegelverkehrt rückwärtsabwickeln: Ausgleichsbehälter mit der Schraube + O-Ring dran ins stehende Öl getaucht verschließen, 7er Mutter am Einfüllstutzen wieder zu drehen, dabei normal festdrehen, keine Gewaltanwendung, Gummideckelchen aufsetzen.

Spritze abziehen und alles Öl zurück in die Flasche applizieren, penibel Griff und Bremszange auch innen im Spalt(!) putzen, Einbau von Belägen und Laufrad und Wiederausrichtung des Bremsgriffs.

Der ganze Vorgang ist keinerlei Hexenwerk und auch vom Ungeübten zuverlässig durchführbar. (Das war nicht immer so. Erst seit sich die Hersteller Gedanken gemacht haben, wie der Vorgang auch benutzerfreundlich konstruiert wird, hat sich die Lage deutlich verbessert. Tektro gebührt hier noch vor den großen Herstellern besonderes Lob.)

Der Erfolg der Aktion sollte sich sofort beim ersten Hebelziehen und auf den ersten Bremsmetern zeigen.

Abweichendes Vorgehen bei Tektro:

Statt des Trichters wird ein zweites Schläuchlein mit Adapter in den Bremsgriffausgleichsbehälter geschraubt, das dort während des Durchdrückens austretende Öl muss mit einem passenden Behältnis aufgefangen werden, ggf kleine Palstiktüte und Wäscheklammern oÄ benutzen.

Austausch der Bremsleitung bei Shimano

>>> Während des gesamten Vorgangs niemals den Bremshebel betätigen! Dafür Sorge tragen, daß das auch keine anderen Personen machen

>>> peinlichst darauf achten, daß Beläge und Scheibe niemals auch nur minimalen Kontakt mit Öl oder Fett (Finger!) haben

Eine Kombination aus den beiden zuvor beschriebenen Arbeiten. Es werden benötigt:

  • Das Entlüftungsset
  • neue Bremsleitung: bei Saint, ZEE, XTR. XT und SLX mit dem speziellen Shimano Ringanschluß ("Banjo"): hierbei unterscheiden sich Saint (golden, länger) und alle anderen (silber, kürzer), bei Deore und LX mit normalem Anschluß wie am Griff
  • das oben genannte sonstige Werkzeug
  • einen 15er Torxschlüssel/-bit für Saint, 4er Inbus für XT&Co.

Beläge und Laufrad entfernen. Nicht vergessen, die Beläge vor dem Ausbau maximal auseinanderzudrücken.

Den Boden unter der weiterhin montierten Bremszange abdecken und die Schraube des Ringanschlusses auf/an der Zange mit dem 15er Torxschlüssel/4er Inbus herausdrehen, hierbei wird bereits Öl austreten. Die austretende Gesamtmenge Öl ist zu vernachlässigen und braucht nicht aufgefangen zu werden.

Sowohl diese Schraube (schwarz und kurz bei Saint und ZEE, silber und lang den anderen) als auch der Ringanschluß (beidseitig) haben einen kleinen O-Ring, nicht verlieren! Die zwei Ringe aus dem alten Banjo müssen dort entfernt und im neuen wiederverwendet werden.

Die Bremsleitung aus dem Griff mit 8er Gabelschlüssel lösen und abziehen.

Neue Leitung mit dem Ring-Banjo mit den Dichtungen versehen und mit der Schraube incl ihrer Dichtung wieder an der Zange montieren, in gewünschter Richtung positionieren.

[>>>>> Abweichung Montage bei Modellen ohne Ringanschluß: die Bremsleitung ist genauso zu demontieren und zu montieren wie beim Bremsgriff mit Olive und Insertpin]

Leitung wie geplant an Rahmen bzw Gabel entlangführen, Lenkausschlag berücksichtigen und die erforderliche Länge feststellen, ggf markieren. Weder zu knapp noch zu reichlich bemessen.

Die Leitung wie oben beim Kürzen beschrieben kürzen. Alte Leitung direkt neben der alten Olive durchtrennen und die Gummiüberwurfmutter und die schwarze Montagemutter richtig herum auf die neue Leitung streifen. Die alte Leitung kann so ggf wiederverwendet werden, zB die hintere vorn, sofern unbeschädigt.

Neue Olive und Insertpin überstreifen bzw einschlagen. Leitung wie oben beschrieben bis zum Anschlag einführen, halten und die Mutter einschrauben.

Den Bremsgriff so verdrehen, daß die Schraube oben am Ausgleichsbehälter den höchsten Punkt darstellt. Diese Schraube mit dem 2,5er Inbus entfernen, auf ihre Dichtung achten und den Trichter mit Dichtung einschrauben.

Spritze mit Öl wie oben beschrieben an der Zange montieren, die Mutter mit dem 7er Gabelschlüssel max 1 Umdrehung öffnen und das System befüllen, wie beim Entlüften beschrieben.

Rückbau von oben nach unten: zuerst den Griff wieder herstellen, dann die Befüllschraube schließen und dann die Spritze abnehmen, Ölreste aufwischen bzw ins Fläschchen füllen. Fahrrad säubern, Bremszange auch im Spalt penibel abwischen, Beläge und Laufrad einbauen. Fertig.

Siehe auch