Haute-Normandie

Aus Radreise-Wiki

Die Region Haute-Normandie liegt im Norden Frankreichs. Sie wird von der Seine durchschnitten und grenzt an die Ärmelkanalküste.

Vorstellung der Region

Die historische Provinz Normandie ist - zum Leidwesen mancher Lokalpatrioten - in zwei Regionen unterteilt, von denen Haute-Normandie die östliche Hälfte darstellt. Hauptort der Region ist Rouen, die größte Stadt Le Havre, womit auch die einzigen Großstädte benannt wären.

Von touristischem Interesse sind wohl hauptsächlich die Seine und die Küste. Das ländliche Hinterland erreicht selten mehr als 200 m ü.d.M., ist aber keinesfalls flach, sondern ausgeprägt hügelig. Verkehrstechnisch ist gut zu wissen, dass die Seine unterhalb von Rouen nur von drei Brücken überquert wird, die alle mit dem Fahrrad befahren werden können (siehe Seinebrücken).

Verwaltungstechnisch ist die Region in zwei Départements unterteilt: Eure im Süden und Seine-Maritime im Norden.

Eure

Eure liegt großenteils südlich der Seine und grenzt nicht ans Meer. Hauptort ist Évreux. Abseits der Seine ist das Département landschaftlich eher unspektakulär, ländliche sanfte Hügellandschaft. Im Vergleich zu anderen Gegenden Nordfrankreichs fallen die markanten Flusstäler auf, die auch als Verkehrsachsen nutzbar und oft mit Voies Vertes versehen sind: Avre, Eure und Epte, die einstigen Grenzflüsse zwischen der Normandie und Frankreich; sowie Risle, Charentonne, Iton und Andelle im Landesinneren. Einige gefällige Kleinstädte wie Évreux, Verneuil-sur-Avre, Bernay, Conches-en-Ouche und Lyons-la-Forêt runden das Bild ab. Hauptattraktion ist jedoch wie gesagt die Seine, die weiter unten eingehender diskutiert wird.

Seine-Maritime

Seine-Maritime ist der nördliche und touristisch interessantere Teil der Region. Der Hauptort Rouen, wo Jeanne d'Arc im Feuer starb, hat eine sehenswerte Altstadt; das kriegszerstörte Le Havre wurde mit moderner Architektur wieder aufgebaut und ins Weltkulturerbe aufgenommen.

Der Küstenstreifen nördlich von Le Havre, die so genannte Alabasterküste (Côte d'Albâtre) mit ihren steilen Felsklippen, gehört zu den schönsten Abschnitten am Ärmelkanal mit Étretat als touristischem Highlight. Die Küstenorte sind mit kleinen Straßen verbunden und gut erradelbar, die Route ist aber keinesfalls flach (siehe Küste).

Das Hinterland der Küste ähnelt einem Plateau, in das sich mehrere Flüsse eingeschnitten haben, um im rechten Winkel der Küste zuzustreben; namentlich die Béthune und die Bresle, die bei Dieppe bzw. Le Tréport münden, bieten sich für Fahrten von und zur Küste an.

Die Seine, die das Département nach Süden hin begrenzt, verbindet große Mäander schlagend Rouen und Le Havre und hat mit ihren Kreidefelsen, Abteien und maritimem Flair ihren eigenen Charme.

Infos für die Reise

Öffentliche Verkehrsmittel

Die Eisenbahnverbindungen ab Paris beginnen im Bahnhof St-Lazare. In allen TERs und Intercités können Fahrräder gratis mitgenommen werden (selbst wenn dies nicht immer im Fahrplan verzeichnet ist), und da die Fahrt zu Zielen in der Region maximal zwei Stunden dauert, ist man auch gar nicht auf TGVs angewiesen.

Hauptachse ist die Linie Paris-Rouen-Le Havre. Der Hauptbahnhof von Rouen ist Rouen Rive Droite, dort steigen nach Paris immer ziemlich viele Fahrgäste zu. Die Küstenorte Fécamp und Dieppe sind mit Umsteigen über Rouen zu erreichen (Dieppe teils auch direkt), Le Tréport mit einem Bummelzug über Beauvais (hier ab Gare du Nord). Das im Landesinnere liegende Évreux liegt an der Linie nach Caen/Cherbourg.

Kartenmaterial

Die Regionalkarten von Michelin (Maßstab 1:200.000) und vom IGN (Maßstab 1:250.000) zeigen jeweils die ganze Normandie (inklusive Basse-Normandie). Im Prinzip sind sie auch ausreichend. Etwas genauer ist noch die Département-Karte 304 von Michelin (Maßstab 1:150.000), die mit Eure und Seine-Maritime genau die Region abdeckt.

Leihräder

In Rouen gibt es das Leihradsystem Cy'clic, vom gleichen Betreiber und zu ähnlichen Konditionen wie Vélib in Paris.

Routen

Bislang behandelt das Wiki eine Route, die die Region berührt:

Im Folgenden werden noch einige weitere Hinweise zu möglichen Routen gegeben.

Seine

Vernon
Seine bei Les Andelys

Die Seine durchschneidet mit weit geschwungenen Mäandern die Region. Aufgrund ihrer großen Bedeutung als Verkehrsweg findet man entlang des Flusses auch viele historische Stätten. Man kann dem Fluss nicht immer direkt folgen; manchmal gibt es keine Straßen am Ufer, und man wird auch nicht alle Schleifen ausfahren wollen, die der Fluss so macht. Man vergegenwärtige sich jedoch, dass das Flusstal zu beiden Seiten von Steilufern begrenzt wird, die regelmäßig 100 Hm Steigung bedeuten. Flach ist eine Tour entlang der Seine also nicht.

Für den Abschnitt oberhalb von Rouen bietet der Artikel Paris - Rouen eine Routenempfehlung. Diese berührt auch die Hauptsehenswürdigkeiten des Abschnitts: Giverny, die Heimstatt von Claude Monet mit schönem Garten, Vernon mit seiner Altstadt, das von Richard Löwenherz gebaute Château Gaillard bei Les Andelys. Kurz bevor man Rouen erreicht, sollte man einen Halt bei der Basilika von Bonsecours einlegen und die Abfahrt über die Côte Ste-Catherine mit schöner Aussicht über Rouen wählen.

Für die Weiterfahrt von Rouen nach Le Havre ist zu bedenken, dass es nur noch wenige Seinebrücken gibt (siehe unten), dazu jedoch eine Anzahl Fähren, mit deren Hilfe man sich den Weg abkürzen und kleinere Straßen nehmen kann. Den Anfang der Sehenswürdigkeiten bilden mehrere Abteien am Nordufer: die von St-Martin-de-Boscherville, die von Jumièges (laut Victor Hugo - möglicherweise etwas übertrieben - "die schönste Ruine Frankreichs") und die von St-Wandrille. Unweit der letzteren gibt es mit Caudebec-en-Caux ein hübsches Städtchen zu sehen.

Jenseits von Caudebec ist es am Südufer ruhiger. Idyllisch ist der Marais Venier, eine Sumpflandschaft in einer ehemaligen Seine-Schleife. Zu beiden Endpunkten des Bogens künden Leuchttürme vom nahen Meer: der im Fischerdorf Quillebeuf-sur-Seine und der an der Pointe de la Roque. Für letzteren muss man ca. 50 Hm Steigung in Kauf nehmen, die mit schöner Aussicht belohnt wird.

Das Südufer der Seinebucht mit Honfleur gehört schon zur Basse-Normandie, am Nordufer dominieren die riesigen Hafenanlagen von Le Havre. Die Straße durch die Hafenanlagen wird von einem Radweg begleitet, ist am Wochenende aber ohnehin ruhig.

Seinebrücken

Pont de Brotonne
Auf der Pont de Normandie

Unterhalb von Rouen gibt es nur noch drei Brücken über die Seine. Außerdem verrichten insgesamt acht Fähren ihren Dienst, siehe dazu Bacs de Seine auf der französischen Wikipedia mit weiterführenden Links. Die drei Brücken können alle per Rad befahren werden. Es handelt sich um:

  • Pont de Brotonne: Normale Straßenbrücke, zweispurig in jede Richtung. Zufahrt und Befahrung unproblematisch. Bei Fahrt von Süd nach Nord kräftige Steigung auf der Brücke selbst, bei Fahrt von Nord nach Süd gewinnt man die Höhe in der Anfahrt auf die Brücke.
  • Pont de Tancarville: Die Brücke ist Teil der E5, d.h. der Hauptverbindung zwischen Paris und Le Havre, mit entsprechendem Verkehr ist zu rechnen. In beide Richtungen gibt es zwei Fahrstreifen. Auf der Nordseite gibt es eine Mautstation, die Befahrung per Rad ist jedoch gratis.
  • Pont de Normandie: Überspannt die breite Seinemündung zwischen Le Havre und Honfleur. Eigentlich eine Autobahnbrücke, aber beidseitig ist ein Fußweg und ein Radstreifen. Der Radstreifen ist freilich nicht sehr breit - angesichts der kräftigen Steigung und dem Wind, der einem teils heftig zusetzt, wäre mehr Schwankungsspielraum angebracht gewesen. Es gibt keine bauliche Trennung zwischen dem Radstreifen und den anderen Fahrspuren gibt, wohl aber eine Schwelle zwischen dem Fuß- und Radstreifen, von der man besser Abstand hält, wenn man nicht mit der Pedale dagegenstoßen will. Auch wenn die Querungsmöglichkeit positiv ist, die konkrete Ausführung des Radstreifens ist heikel. Anfahrtswege: Von Norden her ist der direkte Anfahrtsweg eine Autobahn, man muss die lange Straße nehmen, die durch den Industriehafen von Le Havre verläuft (Karte). Von Süden kommend, folgt man den Schildern des Circuit de Visite - auch erkennbar am Fahrrad- und Fußgängersymbol (Karte). Maut fällt für Fahrräder nicht an.

Küste

Ein Teil der Ärmelkanalküste gehört zur Region, grob gesagt ist das der Abschnitt von der Seine-Mündung fast bis zur Somme-Bucht, auch Alabasterküste (Côte d'Albâtre) genannt. Sie ist bekannt für ihre Steilküste, die alle fünf bis zehn Kilometer durch Einschnitte unterbrochen wird, wenn ein Bach der Küste zustrebt. Jeder Einschnitt bedeutet 50 Hm und manchmal mehr, da kommt Einiges zusammen. In den größeren Einschnitten liegen die bekannten Bade- und Fischerorte: Étretat, in ganz Frankreich für seine Felsen berühmt, Fécamp, Dieppe, Criel, Le Tréport; in kleineren Tälern verstecken sich ruhige, abgeschieden wirkende Orte wie Yport und Vaucottes.

Es gibt eine beschilderte Radroute entlang der Küste (nähere Infos hier). Die Beschilderung vor Ort ist aber lückenhaft, und Informationen über den konkreten Verlauf scheint es nicht zu geben. Am Besten sucht man sich seinen Weg selbst. Von Le Havre aus kann man der Uferstraße nach Ste-Adresse folgen und zum Cap de la Hève folgen (schöner Ausblick über die Seinebucht). Der Flughafen kann meerseitig auf einer kleinen Straße umgangen werden. Auch sonst findet man außer bei Étretat stets kleine, ruhige Straßen zwischen dem Meer und der größeren Landstraße D940; letztere verläuft auf dem Plateau und nimmt nicht jedes Zwischental mit.

Weitere Radrouten

Der AF3V nennt ein knappes Dutzend Velorouten in der Region (Link siehe unten). Erwähnenswert sind insbesondere die umgebauten Bahntrassen in den Tälern von Epte und Béthune. Erstere verbindet Giverny an der Seine (s.o.) mit der Burgstadt Gisors, letztere das Heilbad Forges-les-Eaux mit dem Küstenort Dieppe. Beide sind Teil einer Veloroute Paris-London vorgesehen.

Ebenfalls in die Kategorie umgebauter Bahnstrecken fällt die Route von Évreux nach Nordwesten ins Tal der Risle (nicht getestet), wo man auf eine weitere, 80 km lange Route trifft, die dieses Tal entlangfährt. Auch die übrigen Routen folgen meistens den Flusstälern bzw. einem Teil davon (Charentonne, Eure, Iton).

Grundsätzlich gilt jedoch, wie überall in Frankreich, dass man sich nicht zu sehr an irgendwelche ausgewiesenen Radrouten hängen sollte, viele Sehenswürdigkeiten erreicht man nur auf eigene Faust. Die kleinen Landstraßen bieten viel Ruhe und gutes Vorwärtskommen, und selbst die größeren Landstraßen sind nach deutschen Maßstäben nicht besonders stark befahren.

Weblinks

Weitere Reiseberichte mit Bildenr im Radreise-Forum, die die Region (und andere) berühren: Bretagne 2011, Tour de France 2011